„Maurmer Post“: Realsatire, PR-Interview und ein Wirtschafts-Award

Bei der offiziellen Dorfzeitung „Maurmer Post“ hat ein neues Zeitalter begonnen. Die Publikation wird von einer Textagentur aus der Stadt Zürich herausgegeben und erscheint als reines Verlautbarungsmedium der Gemeindebehörden.

Es war ein frühsommerlich warmer Abend, an jenem 12. Juni 2023 – als im Loorensaal über die Privatisierung der „Maurmer Post“ abgestimmt wurde.

Der Gemeinderat hatte den Antrag gestellt, die „gedruckte und digitale Ausgabe“ der „Maurmer Post“ ab 2024 an eine externe Herausgeberschaft auszulagern. Dafür war die Gemeinde bereit, einen jährlich wiederkehrenden Betrag von 300‘000 Franken als Kostendach zu sprechen – und einen einmaligen Kredit von 40‘000 Franken für den Aufbau des neuen Konstrukts.

Doch das Volk hatte für dieses Ansinnen kein Verständnis. Nach einer emotionalen Diskussion, in der deutlich wurde, wie sehr den Menschen eine unabhängige und lokal verankerte Publikation am Herzen liegt, versenkten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger den Antrag mit deutlicher Mehrheit.

Wortstark oder wortschwach?

Seither ist viel Wasser den Dorfbach hinuntergeflossen – aber an diesem demokratischen Entscheid änderte sich nichts. Und dennoch hat der Gemeinderat die „Maurmer Post“ mittlerweile stillschweigend ausgelagert – an die Textagentur „Wortstark“ aus dem Stadtzürcher Kreis 4.

In der Ausgabe von heute Freitag, 10. Januar, zeichnet erstmals Gerold Brütsch-Prévôt (Inhaber besagter Agentur) als Chefredaktor zusammen mit seiner Ehefrau (!) Sybille Brütsch-Prévôt (im Bild links neben den Redaktorinnen Stephanie Kamm und Brigitte Selden) für den Inhalt der Dorfzeitung verantwortlich. Dass der neue Chefschreiber nicht in der Gemeinde wohnt (und nie hier gewohnt hatte), kann nicht weiter erstaunen, dass der Gemeinderat den Volkswillen von Juni 2023 aber so schamlos ausblendet, muss zu denken geben.

Der PR-Mann spielt die Vorlagen

Dass PR-Mann Gerold Brütsch-Prévôt seinen Auftrag als gehorsamer Meldeläufer zur vollen Zufriedenheit der Behörden erfüllt, beweist er gleich zweimal. Im Editorial bezeichnet er die Verfasser dieser Zeilen als „Schwätzer“ – und kritisiert schulmeisterlich, dass von Maurmer Bürgern eine Einzelinitiative eingereicht wurde, damit nochmals über die Zukunft der offiziellen Dorfpublikation abgestimmt wird.

Dass es mit der journalistischen Unabhängigkeit in Maur zu Ende ist, beweist die Seite 5. Dort darf Gemeindepräsident Yves Keller (im zweiten ausführlichen Interview in den letzten drei Ausgaben) die Vorlagen von PR-Mann Brütsch-Prévôt unwidersprochen zur Propaganda in eigener Sache ausformulieren.

Eine Million für den Präsidenten

Schon fast als Realsatire kann folgende Frage gewertet werden: „Was würden Sie als Gemeindepräsident tun, wenn plötzlich eine Million Franken für ein Projekt zur Verfügung stünde – ohne Bedingungen und Einsprachen?“.

Schönwetterpolitiker Keller nimmt den Steilpass dankend an: „Ich würde die Mittel gezielt in Projekte investieren, die der gesamten Bevölkerung zugutekommen würden, zum Beispiel in eine weitere Erschliessung der Ortsteile, in die Aufwertung des Begegnungsortes Looren als Treffpunkt für Jung und Alt oder in die Modernisierung der Badi Maur.“ Dass all diese Projekte anstehen und einen hohen doppelstelligen Millionenbetrag ausmachen, scheint der Fragesteller nicht zu wissen.

Der langen Rede kurzer Sinn: Die „Maurmer Post“ kostet die Gemeinde (brutto) rund eine halbe Million Franken pro Jahr. Nun fliesst ein ansehnlicher Teil des Geldes in die Kasse eines PR-Ehepaares aus der Stadt. Damit haben sich Gerold und Sybille Brütsch-Prévôt schon im Januar einen wichtigen Preis gesichert – den „MEA“, den Maur Economy Award (den Maurmer Wirtschaftspreis) – für den besten Deal im Weihnachtsausverkauf.

Wir gratulieren herzlich – und warten gespannt auf die nächste Ausgabe der „Maurmer Post“.