Maurmer Segler entging nur knapp dem Tod
Der bekannte Maurmer Segler Andy Fitze erlebte auf einer Wikinger-Expedition mit seinen fünf Teammitgliedern im Nordatlantik eine Katastrophe, bei der eine junge Forscherin ihr Leben verlor. Ein schwerer Sturm liess ihr Holzboot kentern. Jetzt erzählt der Schweizer Skipper, was vor dreieinhalb Monaten passiert ist.
Es ist eine Geschichte, wie sie überhaupt nicht in die beschauliche Weihnachtszeit passt. Sie handelt von Extremsituationen, Höllengefahren und Todesängsten – vom Tod. Sie handelt von der Wikinger-Expedition des Maurmer Seglers Andy Fitze, die in einer Katastrophe endete.
Der Unternehmer und Experte für künstliche Intelligenz, der auf der Forch lebt, spricht im „Tages Anzeiger“ darüber, dass im Nordatlantik vor der norwegischen Küste nicht nur das grösstmögliche Unglück, sondern auch ein gewaltiges Medieninteresse über ihn hereingebrochen sei. Bereits zwei Stunden nach dem Unglück wurde die Landung des ersten Rettungshelikopters auf dem Festland live im norwegischen Fernsehen übertragen.
Anfängliche Glücksgefühle
Und wenige Stunden später versuchten CNN und CBS vor dem Hotel in Florø, in dem die Überlebenden, vier Schweizer und ein Färöer, untergebracht waren, weitere Informationen zu bekommen. Dabei hatte alles mit einem grossen Glücksgefühl begonnen: Fitze erzählt davon, welches Glück er empfunden habe, als er im Frühling 2023 das Wikingerschiff Naddoddur auf einer südlichen Färöer-Insel entdeckt habe. Ein Segelclub hatte es vor 30 Jahren gebaut und suchte jemanden, der nochmals damit zur See fahren wollte. «Eine Herausforderung, die wie auf mich zugeschnitten schien.»
Kann man beim Ausgang dieser Geschichte überhaupt von Glück sprechen? Ein Ereignis, bei dem Karla Dana, die 29-jährige Wikingerforscherin mit mexikanischen Wurzeln, ums Leben kam? Fitze schweigt lange. Dann sagt er ernst: «Es war eine grosse Tragödie, die wir erlebt haben.»
Riesige Wasserwand kurz vor dem Ziel
Das Unheil nahm am vierten Tag der Expedition seinen Lauf. Ein schwerer Sturm kam auf. 15 Seemeilen vor der norwegischen Küste, nur rund zwei Stunden vom Ziel der Expedition entfernt, waren die Wellen bis acht Meter hoch, und der Sturm blies mit 70 bis 80 Knoten, was rund 140 Stundenkilometern entspricht. «Plötzlich stand eine riesige Wand aus Wasser hinter dem Boot», erinnert sich Fitze. Diese Welle brach mit unvorstellbarer Wucht über die sechs Menschen und die Naddoddur herein.
Das Wikingerschiff überschlug sich der Länge nach wie eine Schiffsschaukel. «Ich glaubte, sterben zu müssen.» Ewige Sekunden lang habe er gegen den Tod gekämpft. «Unsere einzige Chance in solchen Momenten ist unser Wille – das schärfe ich meinen Crews jeweils ein.»
Als Fitze fühlte, dass er sich retten konnte, bemerkte er die bewusstlose junge Wikingerforscherin unter dem umgedrehten Bootsrumpf. Er versuchte, sie zu reanimieren. Chancenlos. Fitze wusste, dass es nun nur eine Möglichkeit gab: Er musste dafür sorgen, dass er und die anderen vier Teammitglieder überlebten. Er band den leblosen Körper von Karla Dana am Schiff fest.
Die Wikinger für Kinder erfahrbar machen
Das Team hatte im Vorfeld der Expedition 550 Schülerinnen und Schülern auf den Inseln, ihren Betreuungspersonen und vielen Interessierten von seinem Vorhaben erzählt. Denn sie wollten den jungen Menschen ihre Wikingervorfahren und deren Segelabenteuer nahebringen.
Tragischer Unfall
Im Nachgang zum Ereignis im Nordatlantik schrieb die norwegische Polizei in einer Mitteilung, es sei ein tragisches Unglück gewesen und niemand trage eine Schuld. Dennoch: Was würde Fitze anders machen? «Anders nichts, sondern wir würden uns wieder genauso akribisch vorbereiten.» Denn das habe fünf Personen das Leben gerettet. Aus seiner Sicht war es zudem die Bauweise des Wikingerschiffs, die geholfen hat. «Ein modernes Schiff mit Kajüte, hohem Mast und grossem Segel bietet den Sturmwinden viel mehr Angriffsfläche.»
Schlafstörungen während Wochen
Inzwischen kann der KI-Experte wieder analysieren, sein Kopf ist wieder klar. Ganz anders sei das in den ersten Tagen nach der Tragödie gewesen. Da habe er zunächst drei Tage lang kein Auge zugetan. Danach kämpfte der 56-jährige Vater von drei erwachsenen Söhnen mehrere Wochen mit Schlafstörungen.