Maurmer Finanzen: Transparenz gefordert
In Maur wird übervorsichtig und nicht immer wirklich transparent budgetiert. Früher oder später sollte der Gemeinderat unter dem Vorsitz von Gemeindepräsident Yves Keller (Bild) über die Bücher – auch was den Steuerfuss betrifft. Dennoch ist am Montag eine ruhige Gemeindeversammlung zu erwarten. Ein kommentierende Auslegeordnung.
Am kommenden Montag wird die Gemeindeversammlung das Budget 2025 beschliessen: unveränderter Steuerfuss von 85 Prozent, Defizit von 3,5 Millionen Franken, Bruttoinvestitionen von 17.4 Millionen Franken. Relevanter dafür, wie sich der Finanzhaushalt der Gemeinde entwickelt, ist hingegen der Cash-Flow, sprich die Selbstfinanzierung vor den geplanten Investitionen. Dieser beträgt 5,1 Millionen Franken, sollte aber angesichts der Erneuerung und dem schrittweisen Ausbau der Infrastruktur jährlich eher bei 9 Millionen Franken liegen, also 4 Millionen Franken höher.
Die Suche nach den Unterlagen
Für die Gemeindeversammlung auf der Webseite aufgeschaltet ist die Weisungsbroschüre https://www.maur.ch/public/upload/assets/7118/Weisung%20Gemeindeversammlung%20vom%2009.12.2024.pdf?fp=1731341933057
Relevant sind aber eigentlich auch das detaillierte Budget https://www.maur.ch/verwaltung/online-schalter.html/566/product/372
und der Finanz- und Aufgabenplan 2024 – 2028/2038 https://www.maur.ch/public/upload/assets/4826/Finanz-%20und%20Aufgabenplan%202024-20282038.pdf?fp=1731670795195
Diese beiden Dokumente findet man aber nur an einem ganz anderen Ort, nämlich unter Finanzen im Online-Schalter der (Gemeinde)Verwaltung. Kundenfreundlichkeit sieht anders aus.
5 Millionen bessere Rechnung 2024
Da stehen die Details, und Dinge, die der Gemeinderat bisher in seinen Kommunikationen unter Verschluss gehalten hat. Für 2024 gibt es nämlich – Stand September – bereits eine Hochrechnung. Es werde aufgrund der aktuell vorliegenden Aufwandschätzungen und Prognosen der Steuererträge von einer Selbstfinanzierung von rund 8,3 Millionen Franken im laufenden Jahr ausgegangen, schreibt der Gemeinderat. Das ist über 5 Millionen Franken besser als für dieses Jahr budgetiert und schon sehr nahe an den avisierten 9 Millionen Franken. Bereits die Rechnungen 2020 bis 2023 hatten mit einer Selbstfinanzierung von jeweils über 10 Millionen Franken wesentlich besser als budgetiert abgeschlossen, nämlich:
Budget Rechnung Differenz Selbstfinanzierung
2020 + 0,9 Mio + 5,8 Mio + 4,9Mio 11,8 Mio
2021 – 1,0 Mio + 6,7 Mio + 7,7Mio 13,5 Mio
2022 – 2,8 Mio + 5,5 Mio + 8,3 Mio 12,3 Mio
2023 – 2,6 Mio + 0,0 Mio + 2,6 Mio 10,4 Mio
Die wesentlich besseren Steuereinnahmen 2024 werden in der Budgetierung 2025 ignoriert. Eine angemessener Grad an Vorsicht bei der Budgetierung ist richtig, und jedes Budget ist auch ein gewisser Blindflug. Aber die Übervorsicht scheint in Maur System zu haben.
Transparente Struktur und Kommunikation
Überhaupt müsste das Budget wesentlich transparenter dargestellt werden: Nämlich in einem Teil Finanzvermögen, einem Teil Spezialfinanzierungen (Wasser, Abwasser und Abfall, alles gebührenfinanziert) und im steuerfinanzierten Bereich der eigentlichen Verwaltungstätigkeit. Und bei den Investitionen wäre klar zu deklarieren, was bereits beschlossen worden ist, und was noch zu beschliessen ist.
Beim Finanzvermögen – das ist der Teil der Gemeindetätigkeit, der gesetzlich nicht zwingend vorgegeben ist – fehlt seit jeher eine langfristige Renditeberechnung, und auch eine solche pro Objekt und Jahr. Bei Mieterträgen von 1,8 Millionen Franken wird im kommenden Jahr ein Ergebnis von 0,9 Millionen Franken erwartet – dies bei einem bilanzierten Wert der Gebäude und der Grundstücke mit Baurechten in der Grössenordnung von 33 Millionen Franken. 2025 sollen rund 2 Millionen Franken in die energetische Sanierung der Renditeobjekte Brünnelistrasse 20 – 22 und Burgstrasse 4 investiert werden. Ob die rund 20 Millionen Franken Investition in die Überbauung Gütsch in Binz mit 4 bis 5 Prozent rentiert, wie damals vom Gemeinderat versprochen, weiss die Bevölkerung immer noch nicht.
Die Spezialfinanzierungen sind ganz separat zu betrachten. Es gibt per Ende 2023 beachtliche – man könnte auch sagen: unanständig hohe – Fondsbestände. Diese sind nichts anderes als kumulierte Gebührenüberschüsse in der Grössenordnung von
Wasser 15,6 Millionen Franken
Abwasser 14,0 Millionen Franken
Abfall 0,4 Millionen Franken
Total 30.0 Millionen Franken
Beim Wasser sind die Gebühren seit Jahren überhöht. Die noch abzuschreibende Infrastruktur und die geplanten Investitionen sind bereits mit den Gebühren der Vergangenheit vollends finanziert. Beim Abwasser kann festgestellt werden, dass der geplante Ausbau der ARA in Fällanden für alle Abwässer der Gemeinde zu einem sehr grossen Teil vorfinanziert worden ist. Dies ist vielen Einwohnern wohl gar nicht bewusst. Somit kann auch beim Abwasser eher eine moderate Gebührenreduktion ins Auge gefasst werden, als eine Gebührenerhöhung ab 2026 wie vom Gemeinderat derzeit geplant.
Muss der Steuerfuss gesenkt werden?
Bleibt also die eigentliche Verwaltungsbereich. Hier gibt es stets Ungewissheiten, aber auch Trends, vor allem bei den Vermögens- und Grundstückgewinnsteuern. In diesem Bereich erklären sich auch die teils exorbitanten Budgetabweichungen der vergangenen Jahre und 2024 in der Spannbreite von 5 bis 17Steuerprozentpunkten. Alles ein Indiz, dass der Steuerfuss eigentlich 3 bis 5 Prozentpunkte tiefer sein könnte, ohne dass die Gemeinde an finanziellem Spielraum verlieren würde.
Fast 100’000 Franken für eine Spielplatz-Sanierung
Bei den Investitionen gibt es seit jeher immer wieder Verzögerungen. So wohl auch 2025. Drei Vorhaben, nämlich die Asylunterkünfte in Aesch und Ebmatingen und das Strassenbeleuchtungskonzept, zusammen eine Grössenordnung von 4 bis5 Millionen Franken müssen noch vom Souverän genehmigt werden. Ob die Arbeiten am und um das bewilligte Bevölkerungsschutzgebäude und bei den zahlreichen Bachrevitalisierungs- und Hochwasserschutzprojekten so vorankommen wie geplant, bleibt offen. Auch wenn gesetzliche Auflagen bestehen, springen je 200‘000 Franken für die Erhöhung der Bushaltekante bei der Schifflände Maur und diverse Anpassungen von Bushaltestellen gemäss Behindertengleichstellungsgesetz ins Auge. Dies müsste billiger möglich sein. Und Fragen gäbe es auch bei der 95‘000 Franken Sanierung des öffentlichen Spielplatzes in Ebmatingen. Es ist noch nicht so lange her, als dieser vom Gemeinderat knapp in eigener Kompetenz erstellt worden ist. Und benutzt wird er, wie von vielen Kritikern und Anwohnern befürchtet, kaum, da am Siedlungsrand und somit „am falschen Ort“.
Das Budget 2025 reiht sich nahtlos in die übervorsichtige Praxis der letzten Jahre ein. Wenn nicht am Montag, so wird es bestimmt beim Budget 2026 eine Debatte und Anträge geben. Wohl auch, weil unmittelbar danach die Gesamterneuerungswahlen für die Gemeindebehörden für die Legislatur 2026 bis 2030 anstehen.