Der Genderstern wird zum Fixstern

Der Genderstern darf in der Stadt Zürich bleiben. Die Bevölkerung stützt die städtische Sprachregel. Es ist ein fragwürdiger Entscheid, der auf kantonaler Ebene (hoffentlich) nicht übernommen wird. Ein Kommentar.

Der Genderstern soll in der deutschen Sprache für Inklusion, Gleichstellung und Chancengleichheit stehen. Doch in Tat und Wahrheit trennt er die Bevölkerung. Selten wurde dies so deutlich wie bei den Parolen vor der Abstimmung über die Initiative „Tschüss Genderstern“ von einem überparteilichen Komitee unter der „Regie“ von SVP-Kantonsrätin Susanne Brunner. Es war – weltweit – die erste Abstimmung über die Gendersprache. Die Initiative wollte der Stadt untersagen, den Genderstern in „behördlichen Texten“ zu verwenden.

Ein linkes Anliegen

Die links dominierten Gremien von Stadtrat und Gemeinderat lehnten die Initiative ab – ebenso alle linken Parteien (inkl. GLP). Dagegen sagten FDP, SVP, Mitte und EVP „Ja“.

Dass das Stadtzürcher Stimmvolk dem bürgerlichen Begehren eine Abfuhr erteilte, überrascht nicht. Es gehört zur Doktrin in der linksgesteuerten Stadt, dass die Wählerinnen und Wähler ihrer Regierung jeden Wunsch von den Augen ablesen. Die Frage sei erlaubt: Was wäre wohl passiert, wenn der Kanton hätte mitreden können?

So oder so. Die Bestätigung des städtischen Umgangs mit der Sprache ist ein fragwürdiges Zeichen. Schliesslich gibt es im menschlichen Zusammenleben kaum wichtigeres als die unmissverständliche Kommunikation und ein klares Sprachbild. Dass die gendergerechte Sprache an ihre Grenzen stösst, zeigt ein einfaches Beispiel: Während man mit dem Ausdruck „Zuschauende“ noch halbwegs (aber nur halbwegs) leben kann, wird es beim „Fahrenden“ sinnenstellend.

Die Sprache als politisches Instrument

Und vor allem: Die Sprache sollte nie ein Instrument zur politischen Beeinflussung sein. Wenn jede städtische Mitteilung zur ideologischen Indoktrinierung wird, sind demokratische Grundsätze in Frage gestellt.

Deshalb haben die Zürcherinnen und Zürcher eine grosse Chance verpasst – hin zur sprachlichen Weitsicht und zur politischen Vernunft. Deutsch ist eine wunderschöne Sprache. Doch wenn der Genderstern zum Fixstern am Firmament der Sprachbilder wird, könnte sich das ändern. Es bleibt zu hoffen, dass diese Erkenntnis auch im Gemeindehaus Maur ankommt.

Thomas Renggli